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Keine Entgeltfortzahlung bei „Anschlusserkrankung“


Soweit sein Arbeitsverhältnis mindestens vier Wochen besteht, hat ein Arbeitnehmer im Falle einer Erkrankung einen Anspruch auf Entgeltfortzahlung. Dieser Anspruch besteht für einen Zeitraum von sechs Wochen.

Wenn während des Zeitraums der ersten Erkrankung eine weitere, neue Erkrankung des Arbeitnehmers hinzukommt, löst die Letztgenannte keinen eigenständigen Anspruch auf Fortzahlung des Entgeltes aus. Maßgeblich bleibt immer der sechswöchige Bezugszeitraum der ersten Erkrankung, auch wenn diese schon geendet hat und die Arbeitsunfähigkeit nur noch wegen der zweiten Erkrankung besteht. Der Gesetzgeber nennt dies „Einheit des Verhinderungsfalls“.

Es ist nach den gesetzlichen Vorgaben für einen Arbeitnehmer also nicht möglich, durch neu hinzutretende Erkrankungen die Entgeltfortzahlung „immer weiter zu verlängern“. Ein „Fortsetzen“ der Entgeltfortzahlung ist nur dann denkbar, wenn eine erste Erkrankung nach den ärztlichen Feststellungen zu einem bestimmten Zeitpunkt endete und bereits am folgenden Tag eine neue Ersterkrankung festgestellt wird. Genau dies war im Rahmen eines Arbeitsverhältnisses geschehen und erregte das Misstrauen des Arbeitgebers.

Über diesen Fall hatte das Bundesarbeitsgericht in einem kürzlich veröffentlichten Urteil vom 11.12.2019 zu entscheiden. Dabei ging es konkret um die Frage, ob der Eintritt einer neuen Arbeitsunfähigkeit just nach Beendigung einer vorherigen Erkrankung bereits durch die ärztlich ausgestellte AU-Bescheinigung nachgewiesen ist oder der Arbeitnehmer diese Umstände noch zusätzlich belegen muss.

Hierzu stellte das Bundesarbeitsgericht fest, dass es als eher ungewöhnlich anzusehen ist, dass eine erste, eventuell sogar mehrwöchige Erkrankung zu einem bestimmten Zeitpunkt oder zum Ablauf einer Kalenderwoche endet und dann bereits am folgenden Werktag oder am ersten Arbeitstag der Folgewoche vom Arzt eine ganz neue Erkrankung festgestellt wird. Bei einem solch engen zeitlichen Zusammenhang spreche einiges dafür, dass doch eine „Überlappung“ der Krankheiten vorliegen könne und dem Arbeitnehmer dann für die neue Erkrankung gar keine Entgeltfortzahlung zustehe. Deshalb reiche eine einfache AU-Bescheinigung des Arztes nicht aus. Der Arbeitnehmer müsse zusätzlich (unter Einbeziehung seines Arztes) den Nachweis erbringen, dass die erste Erkrankung schon beendet war, als die zweite Erkrankung eingetreten ist.

Diese Entscheidung des Bundesarbeitsgerichtes wird erhebliche Auswirkungen auf die arbeitsrechtliche Praxis haben. Arbeitgebern ist zu empfehlen, im Falle einer Anschlusserkrankung eines Arbeitnehmers im Blick zu behalten, ob ein enger zeitlicher Zusammenhang zum Ablauf der vorangegangenen Erkrankung besteht. In diesem Fall kann dann eine Entgeltfortzahlung zunächst verweigert werden.

Michael Wüst
Rechtsanwalt
Fachanwalt für Arbeitsrecht
Dr. Holly | Rath | Hülshörster
www.hrh-anwaelte.de

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