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Die Sache mit der Betriebsgefahr


Die Sache mit der Betriebsgefahr

In der Ausgabe der Westerwälder Zeitung vom 24.01.2018 war zu lesen, dass ein Bürger aus Meudt den Glauben an das deutsche Rechtssystem verloren hat. Warum? Er hatte nach einem Verkehrsunfall keinen (vollen) Schadensersatz erhalten, sondern lediglich ca. 75 % seines Schadens ersetzt bekommen.

War das Unrecht? Wohl eher nicht. Es dürfte sich um ein Ergebnis handeln, dass mit den Regeln des Straßenverkehrsrechts durchaus im Einklang steht.

Es ist natürlich schwierig, ohne Aktenkenntnis und mit den rudimentären Informationen eines Zeitungsberichts einen Einzelfall zu kommentieren. Aber die Sache mit der Betriebsgefahr muss doch einmal erklärt werden.

Das Gesetz geht an verschiedenen Stellen davon aus, dass eine Person oder ein Unternehmen, welches einen gefährlichen Gegenstand in Betrieb nimmt, für Schäden einstehen muss, die durch den Betrieb dieses Gegenstandes entstehen. Das ist z. B. im Luftverkehrsgesetz für die Airlines so geregelt. Das ist im Eisenbahngesetz auch für die Eisenbahnbetreiber, allen voran die Deutsche Bahn, so bestimmt. Der Anknüpfungspunkt für eine Haftung aus der Betriebsgefahr ist nicht ein irgendwie geartetes Verschulden. Es handelt sich um eine Haftung ohne jegliches Verschulden. Es wird gehaftet, weil hier jemand einen gefährlichen oder gefahrgeneigten Gegenstand in Betrieb genommen hat. Wenn beim Betrieb eines Flugzeuges oder beim Betrieb einer Eisenbahn ein Mensch zu Schaden kommt oder eine Sache beschädigt wird, so muss der jeweilige Betreiber dafür ohne jegliches Verschulden haften und Schadenersatz leisten. Nur dann, wenn der Betreiber beweisen kann, dass ihn keinerlei Schuld trifft, sondern, dass der Geschädigte selbst die Schuld trägt, kann die Gesellschaft ganz oder teilweise aus der Haftung frei kommen. Das empfindet niemand als unge-recht.

Genauso ist es in § 7 Straßenverkehrsgesetz auch für Kraftfahrzeuge geregelt:

Wer ein Kraftfahrzeug in Betrieb nimmt, also damit fährt, haftet danach für alle Schäden, die dadurch entstehen. Das gilt auch für eigene Schäden. Ein Grund, am deutschen Rechtssystem zu zweifeln?

Auch der geschädigte Kraftfahrer kann seinen eigenen Schaden vom Verursacher ersetzt verlangen: Nämlich dann, wenn der Verursacher allein die Schuld trägt. Dann richtet sich der Ersatzanspruch des geschädigten Kraftfahrers auf 75 % seines Schadens. Die restlichen 25 % seines Schadens kann er nur dann bekommen, wenn er nachweisen kann, sich wie der sog. „Ideal-kraftfahrer“ verhalten zu haben, also deutlich sorgfältiger als ein durchschnittlicher Fahrer. Dann tritt seine eigene Haftung aus der Betriebsgefahr vollständig zurück und er bekommt vollen Ersatz. Davon war das Landgericht im eingangs geschilderten Fall nach Aktenlage scheinbar nicht überzeugt.

So ist das mit der Betriebsgefahr: Man haftet möglicherweise auch dann, wenn man sich keiner Schuld bewusst ist.

Peter Hülshörster
Rechtsanwalt
Dr. Holly | Rath | Hülshörster
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