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Kein Mietendeckel bei Modernisierung?


Der Bundesgesetzgeber hat die Landesregierungen ermächtigt, für Gebiete mit angespannten Wohnungsmärkten per Verordnung einen „Mietendeckel“ einzuführen. Mittlerweile gibt es solche Verordnungen für viele städtische Gebiete und Ballungszentren. Dann darf bei einer Neuvermietung die vereinbarte Miete nicht mehr als 10% über der ortsüblichen Vergleichsmiete liegen. Allerdings sieht das Gesetz auch vor, dass ein solcher Mietendeckel ausnahmsweise nicht zur Anwendung kommt, wenn es sich um die erste Vermietung nach einer „umfassenden Modernisierung“ eines Objektes handelt. Dies war bislang für viele Eigentümer und Investoren eine willkommene Einladung, sich einer Deckelung der Miete zu entziehen. Es wurden in dem Mietobjekt mehr oder weniger „umfassende Modernisierungs“- oder nur Erhaltungsmaßnahmen durchgeführt und erklärt, dass nunmehr die Begrenzung auf 10% nicht beachtet werden müsse. Diesem Vorgehen hat der Bundesgerichtshof in einem nunmehr veröffentlichten Urteil vom 11.11.2020 einen Riegel vorgeschoben und klare Vorgaben gemacht, wann eine „umfassende Modernisierung“ vorliegt. Hiernach ist es zunächst erforderlich, dass die anfallenden Kosten für die durchgeführte Modernisierung einen „wesentlichen Bauaufwand“ darstellen. Ein solcher soll gegeben sein, wenn er mindestens 1/3 der Kosten für die Errichtung einer vergleichbaren Neubauwohnung erreicht, dies ohne den Grundstücksanteil. Dies ist bereits eine hohe Hürde. Darüber hinaus berücksichtigt der Bundesgerichtshof, dass zwangsläufig bei jeder Modernisierungsmaßnahmen anteilige Erhaltungsmaßnahmen inbegriffen sind. Die anteiligen Kosten für diese Erhaltungsmaßnahmen zählen nicht zum „wesentlichen Bauaufwand“ und müssen herausgerechnet werden. Dies dürfte in der Praxis zu Schwierigkeiten und hiermit verbundenen Streitigkeiten führen. Des Weiteren muss der tatsächliche Umfang der Modernisierung sich qualitativ in der Weise auf den Zustand der Wohnung auswirken, dass dieser „in wesentlichen Teilen“ demjenigen eines Neubaus entspricht. Damit wird die Erneuerung aller wesentlichen Bereiche einer Wohnung erfasst, insbesondere Heizung, Sanitär, Fenster, Fußböden, Elektroinstallationen sowie energetische Eigenschaften. Nach dieser Entscheidung des Bundesgerichtshofs werden Eigentümer und Investoren sehr genau hinschauen und kalkulieren müssen, ob sie bei einer Neuvermietung nach Modernisierungsmaßnahmen dem in der Verordnung geregelten Mietendeckel entgehen können. Dem gegenüber dürfte sich für Mieter, die in einem betroffenen Objekt einen neuen Mietvertrag unterzeichnet haben, ein Blick auf die ortsübliche Vergleichsmiete unter Umständen lohnen. Michael Wüst Rechtsanwalt Fachanwalt für Arbeitsrecht Dr. Holly | Rath | Hülshörster

9. Oktober 2022