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Mithaftung für Rasen


Mit einer Entscheidung vom Juni 2022 hat das Oberlandesgericht (OLG) München erneut bestätigt, dass eine erhebliche Überschreitung der Richtgeschwindigkeit von 130 km/h auf Autobahnen zu einer verschuldensunabhängigen Mithaftung des Schnellfahrers führen kann, wenn es zum Unfall kommt.
Im vorliegenden Fall hatte ein Audi Sportwagen auf der Autobahn die linke Spur befahren, und zwar mit sehr hoher Geschwindigkeit. Ein Wohnmobil scherte ohne Beachtung des herannahenden Audi auf die linke Fahrspur aus. Im Zusammenhang mit diesem Ausschervorgang kam es dann zu einem schweren Unfall. Es war klar festzustellen, dass der Unfall auf den fehlerhaften und unachtsamen Fahrstreifenwechsel des Wohnmobilfahrers zurückzuführen war.
In erster Instanz erhielt der Audi-Fahrer deshalb vollen Schadenersatz ohne Abzug. Diese Entscheidung hob das OLG München wieder auf und befasste sich umfassend mit den Rechtsfragen der Mithaftung eines Kraftfahrers wegen Überschreitens der Richtgeschwindigkeit auf der Autobahn.
Ein Gutachter stellte im Verfahren fest, dass der Unfall hätte vermieden werden können, wenn der Audi-Fahrer nur 130 km/h gefahren wäre. Er hätte dann noch rechtzeitig bremsen können. Die Kollisionsgeschwindigkeit hatte aber nachweislich bei ca. 200 km/h gelegen. Unter Berücksichtigung einer erfolglosen Abwehrbremsung des Audi-Fahrers musste dessen Geschwindigkeit also noch höher gelegen haben, als er sich dem Wohnmobil annäherte.
Das OLG sah eine Mithaftung des Audi-Fahrers aus dem Gesichtspunkt der verschuldensunabhängigen Betriebsgefahr als gegeben an. Zwar habe den Unfall allein das Wohnmobil verursacht, weil der Fahrstreifenwechsel fehlerhaft gewesen sei. Für den Audi-Fahrer sei der Unfall aber vermeidbar gewesen, wenn er sich an die Richtgeschwindigkeit gehalten hätte. Bei einer Autobahngeschwindigkeit von 200 km/h und mehr könne der Audi-Fahrer nicht darstellen, sich wie ein sorgfältiger Ideal-Kraftfahrer verhalten zu haben. Er hätte den Unfall vermeiden können.
Deshalb erhält der Fahrer des Sportwagens nur 75% Schadenersatz und bleibt dem Rest selbst sitzen.
Peter Hülshörster
Rechtsanwalt
Fachanwalt für Verkehrsrecht
Dr. Holly | Rath | Hülshörster
www.hrh-anwaelte.de

11. Oktober 2022