Sachgrundlose Befristung trotz Vorbeschäftigung möglich?
Das Teilzeit- und Befristungsgesetz schreibt vor, dass eine sachgrundlose Befristung eines Arbeitsvertrages (für max. 2 Jahre) nur möglich ist, wenn nicht bereits zuvor ein Arbeitsverhältnis bei demselben Arbeitgeber bestanden hat. Bereits im Jahre 2018 hatte das Bundesverfassungsgericht entschieden, dass dieses „Vorbeschäftigungsverbot“ verfassungskonform ausgelegt und eingeschränkt werden muss. Es soll nicht gelten, wenn eine Vorbeschäftigung schon sehr lange zurückliegt, anders geartet war oder von sehr kurzer Dauer gewesen ist. Doch was heißt das?
Das Bundesarbeitsgericht hatte nunmehr über einen Fall zu entscheiden, in dem ein Arbeitnehmer geklagt und behauptet hatte, die Befristung (Sachgrundbefristung) seines Arbeitsvertrages sei unwirksam, weil er bereits 13 Jahre vor Beginn seines neuen Arbeitsverhältnisses bei dem Arbeitgeber schon einmal für 8 Wochen in einem ähnlichen Arbeitsverhältnis stand. Der Arbeitgeber berief sich darauf, dass in diesem Fall das Vorbeschäftigungsverbot nicht gelte und die Befristung deshalb wirksam sei.
Hierzu stellte das Bundesarbeitsgericht fest, dass die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts aus dem Jahr 2018 für alle Gerichte bindend ist. Allerdings müsse immer im Einzelfall festgestellt werden, ob die Geltung des Vorbeschäftigungsverbotes für den Arbeitgeber zumutbar oder nicht zumutbar ist. Insofern komme den Tatsacheninstanzen (Arbeitsgericht und Landesarbeitsgericht) ein Beurteilungsspielraum zu. Es sei nicht möglich, pauschal festzulegen, welche Dauer der Vorbeschäftigung bzw. die Dauer ihres Zurückliegens es rechtfertige, von dem Vorbeschäftigungsverbot Abstand zu nehmen. In dem vorliegenden Fall war das Bundesarbeitsgericht – wie zuvor das Landesarbeitsgericht – der Meinung, dass bei einem zurückliegenden Zeitraum von 13 Jahren und einer Dauer des früheren Arbeitsverhältnisses von nur 8 Wochen das Befristungsverbot nicht mehr eingreift. Die Klage des Arbeitnehmers hatte also keinen Erfolg.
Für die arbeitsrechtliche Praxis bedeutet dies, dass leider keine eindeutigen Maßstäbe vorliegen. Es muss aber davon ausgegangen werden, dass im Ergebnis nur bei länger zurückliegenden Vorbeschäftigungen, die auch nicht über einen längeren Zeitraum bestanden haben dürfen, der Wegfall des Vorbeschäftigungsverbotes zum Tragen kommt.
Michael Wüst
Dr. Holly | Rath | Hülshörster Anwälte
56410 Montabaur
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